Am 17. Juni 2020 – inmitten der Corona-Pandemie – gab ich meinem Kollegen Yuji Wendler (Teamtravel International) ein Interview zu meinen Einschätzungen hinsichtlich der Auswirkungen der Pandemie auf das internationale MICE-Geschäft. Explizit beleuchtet wurden die voraussichtlich entstehenden Meeting-Formate der Zukunft und die möglichen Veränderungen bei Marketingmaßnahmen von Convention Bureaus von Städten und Regionen.

Context is King.

Neue Reize in Sekundenabständen: Tonnenweise Berichte, Fotos, Videos, Kurztexte, Sprachnachrichten, digitale Interaktionen. Doch mit welcher Währung wird im durch und durch technologischen Alltag eigentlich gezahlt?
Es ist die Jagd nach Aufmerksamkeit.

Hallo, hier bin ich. In Zeiten von Erlebnis- und Entertainmentflut ist es schon lange nicht mehr viel wert, irgendetwas irgendwo irgendwann erlebt zu haben. Es geht um „das“ einmalige Erlebnis. Welche Formate ich besuche und wie ich sie über meine Kanäle kommuniziere, sagt nicht nur etwas über die damit verbundenen Marken aus, sondern vor allem über mich selbst. Deswegen muss alles passen – aufregende Happenings, besondere Settings. Für den ersten Eindruck gibt es keine zweite Chance. Für Unternehmen und Marken bedeutet das: Es werden
keine Veranstaltungen mehr für Konsumenten, sondern für Produzenten entwickelt.

Erleben statt besitzen.
Und diese Produzenten achten sehr genau darauf, dass ihre Orte und ihre Erlebnisse perfekt zu ihrer eigenen Marke passen. Alles wird zum Lifestyle, alles zahlt auf meine Kredibilität ein. Für Anbieter von Orten, Services, Produkten oder auch Veranstaltungen bedeutet das: die Anstrengung nach Begehrlichkeit und Nachfrage wird ein stetig steigender Kraftakt. Die Generationen Y und Z müssen
nicht mehr alles „besitzen“ – müssen das Auto, das Fahrrad, die Musik, die Filme oder das Smartphone nicht mehr unbedingt ihr Eigen nennen. Die Dinge werden „outgesourct“. Denn auf dem Weg nach größtmöglicher Flexibilität und Ungebundenheit reicht es oftmals aus, sich die jeweiligen Werte einfach temporär anzueignen. Zu mieten, zu „sharen“. Die Zeiten großer Statussymbole sind
vorbei. Heute gilt: Erleben statt besitzen. Es wird die Möglichkeit genossen, quasi in jedem Moment alles erfahren und genießen zu können.


Dabei kennt der Hunger nach besonderen Ereignissen – dem Außergewöhnlichen – keine Grenzen. Die Affinität für erlebnisorientierte Formaten wächst damit stetig. Laut einer Umfrage des Ticketanbieters Eventbrite geben 78 Prozent der Millenials mittlerweile lieber Geld für eine wünschenswerte Erfahrung aus als für den Kauf eines Produkts. Ein wichtiger Faktor hierbei ist übrigens das soziale Element des veranstaltungsbezogenen Konsums. Dazu gehört die Vorfreude auf das Event, das Erleben des Events an sich und die Befriedigung, wenn vom Erlebten berichtet wird.
Somit müssen Unternehmen und Marken ein Erlebnisangebot bieten, das für die Kunden attraktiv und bestenfalls sogar nachhaltig in den sozialen Medien verwertbar ist.


Die Angst, etwas zu verpassen.
Dank der sozialen Medien verschmelzen echte, haptische Erfahrungen mit digitalen Welten, und Online Communities. Erlebnisse werden geteilt, Nutzer werden zu Regisseuren. Und sie wollen, dass das Bühnenbild stimmt: Es muss „instagrammable“ sein, zum Beispiel mit Showrooms, Roadshows oder auch Pop Up Stores. Umso einmaliger ein Format ist, desto reizvoller scheint es für den Gast. Die
„fear of missing out“-, kurz FOMO-Generation möchte nichts verpassen – will dabei sein, bei dem außergewöhnlichen Format. Und damit ich mich damit zeige, wird auf eine ehrliche und authentische Kommunikation geachtet. Nutzer sind sensibel und suchen nach Vertrauen, bis sie sich an eine Marke binden, sich auf ihre Seite schlagen. Ist ein Unternehmen oder eine Marke relevant, baut sie erfolgreich die nötige Street Credibility auf, wird sie mein Freund. Mit perfekt inszenierten
Kommunikationskanälen wird um neue Nutzer gebuhlt: Abgeliefert wird allerdings vor Ort, mit Veranstaltungserlebnissen, im realen Leben.

Erzeugen von Emotionen durch Live Kommunikation.
An diesem Punkt setzt Live Kommunikation an: Sie findet dort statt, wo persönliche Begegnungen sowie das aktive Erlebnis einer Zielgruppe im Mittelpunkt von Kommunikationsmaßnahmen stehen.
Maßnahmen am „Touchpoint Live“ schaffen bei strategischer Planung das, was andere Medien und Maßnahmen nicht dergestalt vermögen: Sie erzeugen Emotionen. Durch das interaktive Erleben und den damit verbundenen Gefühlen sowie Eindrücken können Botschaften authentisch kommuniziert und nachhaltige Erinnerungen erzeugt werden, die das Erreichen kommunikativer sowie ökonomischer Ziele begünstigen.

Aufmerksamkeit ist die Währung
Im schnelllebigen, digital vergänglichen Alltag gewinnen Momente der wirklichen Begegnung, des echten Erlebnisses zunehmend an Bedeutung. Denn eine wahrhaftige, menschliche Gemeinschaft funktioniert nur offline. Das liegt übrigens daran, dass wir Menschen entgegen unseres Glaubens noch immer die selben physiologischen und emotionalen Grundbedürfnisse haben wie in der Steinzeit. Wir Menschen müssen uns als Teil eng verbundener Gemeinschaften fühlen, um zu gedeihen. Seit Jahrtausenden gehen wir in intimen sozialen Gruppen von höchstens dreißig Mitgliedern durchs Leben. Ohne den Anschluss an dieses enge Kollektiv vereinsamen wir und entfremden uns von der Gesellschaft. Selbst heute können wir aufgrund unserer primitiven kognitiven Veranlagung höchstens 150 Menschen wirklich persönlich kennenlernen – ganz gleich, wie viele Facebook-Freunde wir haben.
Wer also „echte“ Services, Marken und Veranstaltungen adressieren und den Kampf um Interesse sowie Nachfrage gewinnen möchte, der benötigt Fingerspitzengefühl. Der Kunde muss nicht nur mit dem richtigen Format, sondern auch zur richtigen Zeit erreicht werden. Mit Authentizität und einer guten Story. Nicht nur der Content, sondern insbesondere der Kontext ist „king“. Und bezahlt wird hier, genau, mit Aufmerksamkeit.


Babak Khosrawi-Rad
eventives GmbH · Agentur für Live Kommunikation
Geschäftsführer

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